Kooperation sticht Kündigung!

Das Kooperationsgebot verpflichtet die Vertragspartner, bei Meinungsverschiedenheiten zunächst im Wege der Verhandlung eine Klärung und einvernehmliche Lösung zu suchen. Eine Kündigung, die gegen dieses Gebot verstößt, ist unwirksam. Das hat das OLG Koblenz am 03.12.2021 (3 U 2206/19) klargestellt.

In dem entschiedenen Fall war es zu Streitigkeiten über die Leistungspflichten und -möglichkeiten des Auftragnehmers gekommen. Auslöser waren Schwierigkeiten aus der Risikosphäre des Auftragnehmers. Konkret ging es um die Entsorgung von Baggerschlamm in einer bestimmten Deponie, mit welcher der Auftragnehmer Vorzugskonditionen ausgehandelt hatte. Der Deponiebetreiber lehnte später eine Entsorgung zu den vereinbarten Preisen ab, obgleich er sich verbindlich zur Annahme des Baggerguts bereiterklärt hatte. Daraufhin schlug der Auftragnehmer dem Auftraggeber einen Deponiewechsel vor. Da er die Eignung der anderen Deponie bezweifelte, lehnte der Auftraggeber den Vorschlag ab. Stattdessen forderte er den Auftragnehmer unter Kündigungsandrohung auf, seine Leistungsbereitschaft zu bestätigen. Dieser Aufforderung kam der Auftragnehmer fristgerecht nach, meldete jedoch Mehrkosten an. Die Mehrkostenanmeldung wies der Auftraggeber zurück und setzte dem Auftragnehmer eine Nachfrist zur Vertragserfüllung. Konkret verlangte er, den Baggerschlamm in der vereinbarten Deponie zu entsorgen. Obwohl der Auftragnehmer erneut seine grundsätzliche Leistungsbereitschaft erklärte, kündigte der Auftraggeber den Vertrag mit sofortiger Wirkung. Bereits am Folgetag beauftragte er einen anderen Unternehmer mit der Entsorgung.

Das OLG ordnet die Kündigung als verfrüht und damit vertragswidrig ein. Hierzu führt das Gericht aus, dass die Parteien eines VOB/B-Bauvertrages zur Kooperation verpflichtet seien. Aus dem Kooperationsverhältnis ergäben sich Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information. Die Kooperationspflichten sollen u.a. gewährleisten, dass Konflikte nach Möglichkeit einvernehmlich beigelegt werden. Danach wäre der Auftraggeber gehalten gewesen, vor der Kündigung und der Ersatzvornahme ein einvernehmliches Vorgehen mit dem Auftragnehmer gegenüber der Deponie anzustreben. Maßgeblich sei insoweit die ex ante-Perspektive. Danach sei nicht auszuschließen gewesen, dass die Deponie ihre Verweigerungshaltung überdacht hätte, wenn die Vertragsparteien ihr die von ihr übernommenen Verpflichtungen vor Augen geführt hätten.

Das Urteil gilt nicht nur für Bauverträge, sondern für jeden auf Dauer angelegten Werkvertrag, also insbesondere auch für Architekten- und Ingenieurverträge. Die grundsätzliche Bedeutung des Kooperationsgebots kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Beide Seiten sollten ihre Mitwirkungs- und Informationspflichten ernst nehmen und Konflikte proaktiv und möglichst gemeinsam bewältigen.

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